„Aller guten Dinge sind Drei“


Zuallererst stand da die Idee meiner Frau: Nach zwei problemlosen Krankenhausgeburten und dem Wegfall der Geburtsstation in Münsingen offenbarte sie mir ein paar Wochen nach Bekanntwerden der dritten Schwangerschaft ihre Idee, ob dieses Mal nicht eine Hausgeburt in Frage kommen würde. Erst war ich etwas überfordert mit dem Gedanken, hatte ich mich bis dahin ja noch gar nicht mit dem Thema befasst. Aber nach Reflektion der letzten beiden Krankenhausgeburten, vielen Gesprächen und einiges an Bedenkzeit wollten wir der Idee wenigstens eine Chance geben und uns auf die Suche nach einer Hausgeburtshebamme machen. Wir wollten bewusst mit der Entscheidung pro / contra Hausgeburt abwarten, bis wir Gespräche zu dem Thema mit einer möglichen Hebamme für die Hausgeburt geführt hatten.
Als wir dieses Thema mit Freunden und Verwandten diskutierten, stießen wir immer wieder auf deutliche Widerstände, die sich hauptsächlich auf die Aussagen

• „das ist doch viel zu gefährlich“
• „so eine Sauerei zuhause“
• „was macht ihr bloß mit den Geschwisterkindern“
• „solche Freaks“
• „komplette Schnapsidee“

beschränkten.
Das ließ auch uns ins Grübeln kommen, wollten wir doch auf keinen Fall unser ungeborenes Kind unnötiger Gefahr aussetzen.
Trotzdem war uns wichtig, wichtiger als bei den ersten Geburten mit weniger Erfahrungswerten und weniger Vorüberlegungen, dass wir unseren eigenen Weg finden, von dem wir selbst überzeugt sind, und dazu gehörte zumindest auch, eine Hausgeburt nicht auszuschließen und sich darüber intensiv zu informieren.
Zu Beginn stand da also die Frage im Raum, ob sowas bei uns überhaupt möglich ist und wer hier als Hebamme für uns in Frage kam. Wir starteten also eine intensive Internetrecherche nach einer Hausgeburtshebamme.
Dabei bemerkten wir schnell, dass es nur noch sehr wenige Hebammen gibt, die noch Hausgeburten machen. Wir telefonierten, schrieben unterschiedlichste Hebammen an, aber wir bekamen immer wieder Absagen. Saskia wurde uns dann von einer Kollegin, die am errechneten Entbindungstermin keine Zeit hatte, empfohlen. Wir hatten Saskia eigentlich aufgrund 40 km Anfahrt fast ausgeschlossen und uns zuerst nicht mit ihr in Verbindung gesetzt.
Im Dezember fand dann das erste Gespräch mit Saskia statt. Dieses war sehr positiv, sie bestärkte uns in unserer Haltung, beantwortete alle unsere Fragen, erklärten den Ablauf und die Besonderheiten bei einer Hausgeburt, ließ uns dann aber für unsere Entscheidung viel Bedenkzeit. Wir sollten uns einfach wieder bei ihr melden.

Ab dem Treffen mit Saskia war für uns beide klar, wir wollen eine Hausgeburt. Wir waren uns aber auch bewusst, dass wir keine unnötigen Risiken eingehen möchten und eine Geburt im Krankenhaus bei Bedarf keinesfalls ausschließen.
Saskia bereitete uns gut vor, gab viele Tipps, stand stets mit Rat und Tat zur Seite und, falls sie mal nicht verfügbar war, wurde sie durch Silke mindestens genauso herzlich und kompetent vertreten.
Die Wochen vergingen, die Vorsorgeuntersuchungen, zuerst abwechselnd beim Frauenarzt und bei Saskia, später dann ausschließlich bei Saskia, waren soweit alle in Ordnung und es gab nichts, was gegen die Hausgeburt sprach.
Einige Zeit vor dem Entbindungstermin bekamen wir dann die detaillierte Einkaufsliste zur Vorbereitung der Hausgeburt:
Hammer und Nägel waren zwar im Haushalt verfügbar, aber wozu?
Auch hier konnte Saskia weiterhelfen 😉

Die Vorbereitungen waren soweit also alle getroffen, das notwendige Material war im Hause und auch der Entbindungstermin rückte in greifbare Nähe.
Mit dem Beginn von Saskias Rufbereitschaft entwich vorerst die große Anspannung, Frau und Kind waren topfit und somit waren wir uns sicher, einer Hausgeburt steht nichts mehr im Wege. Das Warten begann.
Und wir warteten… Und warteten… Und… ja wir warteten.
Bis zum errechneten Entbindungstermin, keine Spur von Wehen.
Also… Weiter warten.

Jeden Tag über dem Entbindungstermin dachte man, heute geht’s los…
Und abends dann… wieder nichts…
So warteten wir dann bis zum zehnten Tag nach dem errechneten Termin, der Stress stieg, da 14 Tage nach Entbindungstermin keine Hausgeburt mehr möglich wäre. Doch Saskia und auch Silke hatten eine Eselsgeduld und beruhigten immer wieder. An diesem zehnten Tag nach ET war dann wiedermal Saskia im Haus zur Vorsorgeuntersuchung. Doch dieses Mal war leider nichts mit Entwarnung.
Sie stellte gelegentliche „Hüpfer“ im Herzrhythmus fest und meinte, wir sollten das beim Frauenarzt überprüfen lassen. Also fuhr meine Frau noch am selben Mittag zum Frauenarzt zum CTG. Auch hier leider keine Entwarnung, im Gegenteil, jetzt wurde es hektisch.
Die Frauenärztin ließ meine Frau per RTW in die Frauenklinik verlegen, ich fuhr mit dem PKW hinterher. Leider wartete ich die nächsten Stunden aufgrund Corona-Vorsichtsmaßnahmen vor der Klinik. Nach ca. 3 Stunden kam meine Frau dann endlich wieder heraus, immer noch schwanger 😉 Die Ärzte in der Klinik konnten nichts Negatives feststellen, hatten gründlich untersucht und sie wieder nach Hause entlassen. Ab diesem Erlebnis war uns klar, wir wollten nur wenn es nicht anders ging eine Geburt im Krankenhaus. Die Corona-Bedingungen in der Klinik bestärkten diese Haltung.
Und am nächsten Tag tat sich dann tatsächlich endlich etwas. Bereits morgens sagte meine Frau, dass etwas „anders“ ist als sonst. Das blieb den Tag über auch so, sie erwähnte immer mal wieder zwischendurch, dass sie hin und wieder leichte Wehen hat. Den ganzen Tag verbrachten wir mit unseren beiden Kindern bei bestem Wetter gemütlich im Garten. Gegen Abend wurden die Wehen dann häufiger und auch kräftiger. Wir brachten die Kinder noch ins Bett und setzten uns wieder auf die Terrasse. Die Nachbarn fragten über die Gärten hinweg, ob sich denn immer noch nichts getan habe. Meine Frau bejahte verkniffen während einer Wehe und versuchte sich nichts anmerken zu lassen.

Die Wehen wurden nun immer häufiger. Doch meine Frau empfand diese bei Weitem nicht so stark und häufig wie bei den ersten beiden Geburten. Ich musste sie regelrecht dazu drängen, doch endlich mal Saskia anzurufen. Wehen hatte sie da ca. alle 5 bis 10 Minuten. Saskia meinte, gemeinsam mit der Schülerin Johanna wäre sie in ca. 1 ½ Stunden da und so beschlossen wir, dass es sinnvoll ist, wenn Saskia und Johanna starteten.
Um halb elf abends waren sie dann auch wie versprochen vor Ort, hielten sich aber sehr im Hintergrund und beobachteten, horchten Herztöne ab und dokumentierten sich die Finger wund. Das alles war aber in einem sehr entspannten Rahmen und die beiden hielten sich so sehr zurück, dass man sich wirklich zuhause fühlte. Auch die beiden fühlten sich wie zuhause, bedienten sich an dem was sie brauchten und fanden sich von der Küche bis zum Bad schneller zurecht als die eigenen Hausbewohner 😊 Sie nahmen einem mit ihrem souveränen Auftreten (im speziellen auch großes Lob an Johanna, die zwar noch Schülerin war, aber trotzdem eine große Gelassenheit ausstrahlte) die eigene Nervosität. Stillschweigend übernahmen sie Tätigkeiten, die der überforderte Ehemann gerade vergessen hatte oder bei denen er sich aufgrund der Situation nicht im Stande fühlte, diese auszuüben.
Gegen halb zwölf hatte meine Frau das Gefühl bzw. den Wunsch geäußert, dass ihr ein Bad eventuell guttun würde. Wir zogen also mit Sack und Pack ins Badezimmer, ließen warmes Wasser einlaufen und geduldeten uns wieder. Die Wehen wurden zunehmend stärker und um kurz vor Mitternacht kam dann Silke noch hinzu, um Saskia während der Geburt zu unterstützen.

Jetzt verging die Zeit wie im Flug und auf einmal war er um 0:36 Uhr da, Ole, 4340g schwer, 57cm groß, geboren in einer Glückshaube 😊 Jetzt war es uns auch klar, er hat einfach so lange gewartet, um mit Mama Geburtstag feiern zu können.
Kaum war Ole auf der Welt, erwachte der jetzt große Bruder Finn als ob er gespürt hätte was vor sich geht, und bewunderte seinen kleinen Bruder auf dem Arm der Mutter. Die abschließenden obligatorischen Näharbeiten und auch die noch ausstehende Dokumentation erledigten Saskia und ihr Team genauso wie die Aufräumarbeiten und verließen uns dann glücklich, zufrieden aber auch müde um ca. 4:30Uhr.
Zum Schluss möchten wir uns für die Betreuung und Unterstützung durch Saskia, Silke und Johanna vor, während und nach der Geburt ganz ganz herzlich bedanken. Es hätte nicht schöner sein können und wir durften ein Wunder erleben, welches uns noch unser ganzes Leben begleiten wird.

P.S.:
Abschließend noch eine Anmerkung von mir als Mann an die noch unentschlossenen Herren:
Auch ich hatte anfangs Zweifel und musste mich mit der Idee meiner Frau erstmals anfreunden. Allerdings fällt es, wenn man sich erst einmal auf das Thema Hausgeburt einlässt, ohne Vorurteile, ohne überzogene Ängste, nur mit Blick auf die Vor- und Nachteile für Kind und Familie zusehends leichter eine Entscheidung für sich selbst zu fällen, egal wie diese ausschaut.
Bei einer Hausgeburt braucht man weder einen vollständig gefliesten Geburtsraum, noch müssen danach die Maler kommen. Eine „riesige Sauerei“, war unsere Hausgeburt jedenfalls nicht und anschließende Renovierungsarbeiten waren nicht notwendig 😉