„ICH BIN DANKBAR SAGEN ZU KÖNNEN, DASS ICH MEINE GEBURT WIRKLICH GENOSSEN HABE“

Ein paar Tage lang hatte ich abends immer das Gefühl die Wehen kommen mir anders vor. Ich wusste aber nicht recht, ob das schon die richtigen sind. Ich habe mich häufig im Bett gedreht bis ich aber doch irgendwann eingeschlafen bin. So auch dieser Abend. Gegen 1:30h konnte ich aber nicht mehr liegen bleiben. Das Drehen half nicht mehr, deshalb dachte ich mir vielleicht hilft es ja aufzustehen und mich abzulenken. Ich bin ins Bad und habe erstmal ein wenig aufgeräumt und geputzt. Danach habe ich entschlossen ins Wohnzimmer zu gehen und es mir gemütlich zu machen.

Ich habe mir die Lichterkette und die Salzlampe angemacht und habe mir meine Lieblings-Geburtsvideos angeschaut, danach mich auch mit weiteren Videos abgelenkt. Als alle bequeme Sitz- und Liegepositionen aufm Sofa erschöpft waren, bin ich aufgestanden und bin durch die Wohnung getigert, die Treppe hoch und runter gelaufen. Ich habe unterschiedliche Positionen vom Schwangerschaftsyoga ausprobiert, die vorübergehend ganz wohltuend und bequem waren. Bevor ich es gemerkt hatte, war es schon 5h, um die Uhrzeit steht mein Mann für gewöhnlich zur Arbeit auf. Eine halbe Stunde davor kam ich auf die Idee meine Wehen zu stoppen, um zu schauen, ob irgendeine gewisse Regelmäßigkeit schon präsent ist. Tatsächlich waren die Wehen im Durchschnitt alle 3 Minuten und zwischen 30 und 60 Sekunden lang. Ich habe dann meinem Mann gesagt, dass er heute nicht mehr zur Arbeit gehen braucht. Er hat angefangen die Checkliste für die Geburt durchzugehen und restliche Kleinigkeiten vorzubereiten, beispielsweise Handtücher, eine Kanne heißes Wasser, mir ein Frühstück organisieren. Um 5:50h haben wir Saskia informiert, dass es bei mir heute höchstwahrscheinlich soweit ist und haben ausgemacht, dass wir uns nochmal melden, wenn sie losfahren soll.

Die nächste eineinhalb Stunde habe ich in der Badewanne verbracht. Ich habe mir die Christian Hypnobirthing Tracks angehört und gefrühstückt. Als ich keine bequeme Position in der Badewanne finden konnte, bin ich raus. Ich bin aufs Bett und habe dort ein paar Wehen verarmet. Es war ca. 7:45h als wir Saskia das Okay gegeben hatten sich auf den Weg zu machen, sie hatte nämlich 2 Stunden Autofahrt vor sich. 1 3/4h habe ich dann auf der Toilette verbracht. Ich habe Hintergrundmusik mit Wellen angehört und mir vorgestellt, dass ich selber eine Welle bin. Ich habe mich abgestützt auf den Knien von meinem Mann, der auf einem Stuhl vor mir saß und bin rhythmisch mit meiner Atmung nach vorne und hinten geschaukelt. Ich konnte so die Wehen, die langsam schon intensiver wurden, sehr gut verarbeiten. Gegen 9:30h bin ich unter die Dusche und habe dort meinen Bauch und Kreuzbereich mit warmem Wasser abgeduscht. Das hat ebenfalls sehr gut getan. Ich habe angefangen unter den Wellen beim Ausatmen zu tönen.

So habe ich mich immer selber erinnert, mein Unterkiefer und Gesicht zu entspannen. Meinen Mann habe ich dann beauftragt, mir den Rücken abzuduschen. Ich habe jede Welle in einer unterschiedlichen Position veratmet - mal in der Hocke, mal angelehnt an der Wand, mal im Vierfüßler oder auch mal kniend. Saskia kam um 9:45h an, nachdem wir sie angerufen hatten. Die Wehen waren kräftig, jedoch gut zu verarbeiten. Die Hebamme hat mich weiter mein Ding machen lassen und praktisch nichts von mir gewollt. Zwischen den Wehen hat sie die Herztöne vom Baby abgehört und mein Puls gemessen. An einem Punkt hatte ich eine längere Pause zwischen zwei Wehen und da wusste ich, jetzt dauert es nicht mehr lang. Ich habe zum Baby geredet. Diese Pause war so wertvoll für mich, ich habe mich super entspannen können und richtig Kraft getankt. Gegen 10:40-10:45h kamen auch schon die Presswehen. Ich habe tief Luft geholt und laut ausgeatmet. Meinem Körper habe ich das Pressen überlassen. Ich habe immer noch meine Hintergrundmusik mit Wellen gehört. In meinem Kopf klangen die Affirmationen:

# jede Wehe kommt und geht wie eine Welle, keine hält ewig lang an
# mein Körper produziert perfekte Wehen, um mein Baby voranzubringen
# keine Wehe ist zu stark für meinen Körper, weil er sie selbst auslöst und steuert
# mein Körper weiß zu gebären und mein Baby kennt den Weg
# atme, deine Gebärmutter presst
# mein Körper ist fähig und perfekt geschaffen
# keine 5 Wehen und schon kann ich mein Baby in den Armen halten

Ich wusste genau, wo sich das Baby im Geburtskanal befindet. Ich habe bei jeder Wehe gespürt, wie es zwei Schritte voran macht und einen zurück. Das hat mich keines Falls entmutigt, da war ich sogar dankbar für. Ich habe gewusst, dass es schonend für meinen Damm ist.
Wir sind schon so weit gekommen, unser Team aus drei.
„Ich sehe schon die Haare!“, ermutigt mich Saskia.
Der Kopf ist schon draußen, mein Mann hat seine Hand drauf. Ich mache eine Pause und entspanne mein Gesicht und Körper wieder. Da höre ich die Stimme vom Baby. Ich hole noch einmal tief Luft und das Baby schießt in die Arme meines Mannes. 11:13h
Vor Freude verliert er Tränen, ich ebenso. Ich habe nur noch Glück und Euphorie empfunden. Die Hebamme hat das Baby abgetrocknet und mir zwischen die Beine gereicht.
„Unsere Flora ist da!“

Wir sind ins Schlafzimmer umgezogen, wo ich mich aufs Bett gelegt habe. Unser Baby hat an meiner Brust genuckelt als die Plazenta eine Viertelstunde später kam, sie war vollständig. Nachdem die Nabelschnur auspulsiert war, habe ich sie durchgeschnitten.
Wie ich die Geburt im Nachhinein beschreibe?

Als ein wunderschönes Erlebnis, entspannt und selbstbestimmt. Ich staune über meinen Körper und seine Fähigkeit zu gebären, ich bin gestärkt und selbstbewusster als je zuvor. Ich liebe meinen Körper und wie er aussieht mehr als zuvor. Das Empfinden unter den stärkeren Wehen vergleiche ich gern mit der Muskelanspannung, wenn man Planks macht, nur das - eine Muskelanspannung und kein Schmerz war vorhanden.
Ich bin dankbar sagen zu können, dass ich meine Geburt wirklich genossen habe.
Ich hatte mir die natürlichste Geburt vorgenommen, ohne jegliche Interventionen und Störungen von draußen. Und so verlief sie auch.