„Das Leben schreibt bessere Geschichten als Hollywood – oder die unverhoffte Hausgeburt“

Nachdem unser erster Sohn vor 4 Jahren aufgrund der Beckenendlage durch einen geplanten Kaiserschnitt zur Welt kam, war ich sehr froh, als man bei der Ultraschalluntersuchung in dieser Schwangerschaft feststellte, dass sich das Kind bereits frühzeitig in Schädellage befand und auch blieb. Ich konnte also sehr auf eine „normale“ Geburt hoffen.
Für eine Hausgeburt war ich allerdings nie der Typ. Der Gedanke an die „Sauerei im Haus“ und das Risiko aufgrund der 30-minütigen Entfernung zur nächsten Klinik schreckten mich immer ab. Aber erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt.
Wir planten in die Frauenklinik nach Tübingen zu gehen zur Entbindung. Der Ruf ist gut, die Entfernung annehmbar und, was in Corona-Zeiten besonders wichtig für uns war, die Besuchsregelungen auf Station waren akzeptabel.

Am Montag, den 16.11.20 hatte ich morgens leichte Zeichnungsblutungen. Der Frauenarzt meinte nach einem kurzen Checkup, dass dies nichts bedeuten müsse, aber es könne tatsächlich ein Zeichen dafür sein, dass es bald los ginge. So harrten wir weiterhin der Dinge und tatsächlich hatte ich am frühen Abend Wehen. Als diese mit einem Abstand von 10 Minuten regelmäßig kamen, riefen wir die Schwiegereltern zu uns, um auf den bereits schlafenden Großen aufzupassen und machten uns auf den Weg. Als wir in Tübingen ankamen war der Wehenabstand bereits bei 5 Minuten. Nach der Anmeldung musste ich zunächst allein in die Geburtsabteilung und zu den Untersuchungen. Aufgrund der Corona-Regeln dürfen die Begleitpersonen erst dazu kommen, wenn es in den Kreißsaal geht, erfuhren wir dann. Bis ca. 1 Uhr nachts ließen die Wehen allerdings leicht nach und die diensthabende Hebamme riet uns, Zuhause nochmals zu entspannen und wieder zu kommen, wenn der Wehenabstand unter 5 Minuten sei.

So legten wir uns also Zuhause nochmal hin. Am nächsten Morgen fühlten sich die Wehen stärker an und bei einem Abstand von 5 Minuten machten wir uns wieder auf den Weg in die Klinik. Bis wir ankamen, ging die Wehentätigkeit allerdings wieder etwas zurück. Und so ging der Tag auch weiter. Immer zwei Schritte vor und einen zurück, was die Wehen anging. Der Muttermund öffnete sich dadurch auch nur auf ca. 3 cm. Am Nachmittag wurde uns seitens der Hebammen wieder nahe gelegt nochmals Zuhause zu entspannen. Zudem sei die Station sehr voll. Nach kurzer telefonischer Rücksprache mit Saskia, empfahl auch sie uns erneut Heim zu gehen. Dort sei es einfach ruhiger und mein Mann könne bei mir sein. Das würde das Ganze sicher besser voranbringen. Wir brauchten dann in der Rush-Hour entsprechend lang bis nach Hause und irgendwann fluchte ich im Auto, aufgrund der starken und häufigen Wehen vor mich hin. (Im Nachhinein ging mir auf, dass ich da wohl bereits in die Übergangsphase kam). Ich wollte nur noch nach Hause, nur noch ins Bett und hatte die Erwartung, dass sich die Wehen dort ja eh wieder beruhigen würden. Zuhause angekommen, legte ich mich sofort erleichtert hin – die Wehen veränderten sich fast schlagartig. Sie wurden noch häufiger, ein unbändiger Druck kam hinzu und ich krümmte mich regelrecht. Wieder ein Anruf bei Saskia. Sie riet uns wieder los zu fahren in die Klinik. In mir schrillten alle Alarmglocken: So ins Auto? Oh nein! Ich wusste intuitiv, dass dies bereits Presswehen waren und alles was ich noch von mir gab, waren die Worte „Ich fahre nirgends mehr hin!“.

Mein Mann fragte zu Recht, was wir denn dann machen sollten und wir einigten uns darauf einen Krankenwagen zu rufen. Der Gedanke dahinter war, damit schneller in die Klinik zu kommen und zur Not auch unterwegs Hilfe zu haben. Um 18.55 Uhr wählte mein Mann also die 112. Danach riefen wir wieder Saskia an. Diese war dann auch in Alarmbereitschaft und fuhr sofort los zu uns. Sie blieb die ganze Zeit am Telefon und stand uns bei. Keine 10 Minuten später kniete der Notarzt neben mir und versuchte festzustellen, ob man direkt losfahren sollte. Er wurde 2 Minuten später von Saskia abgelöst (ich glaube er war erleichtert), die nach einem kurzen Blick zwischen meine Beine bestätigte: „Wir fahren nirgends mehr hin. Das Baby kommt gleich!“. Notarzt und Sanitäter warteten vorsichtshalber vor dem Haus, falls doch noch eilige Hilfe notwendig würde. Mein Mann nahm neben mir Platz, stärkte mir den Rücken und flößte mir nach Bedarf zu Trinken ein. Saskia leitete mich ruhig und professionell an. Die Fruchtblase war bis dato nicht geplatzt. Matteo wurde in ihr geboren – eine Glückshaube! Wenige Minuten später lag er auf meinem Bauch und mein Mann und ich waren überglücklich. Trotz dieser spannenden und langen Geschichte war am Ende alles gut gegangen.

Unser Fazit: Eine Hausgeburt ist viel schöner und unkomplizierter als wir es uns je hätten träumen lassen und von Sauerei keine Spur! 😊