„Dieses Mal anders“

Unsere erste Tochter Kaisa kam im Krankenhaus zur Welt. In der Gegend, in der wir zu ihrer Geburt lebten, hatten ich nicht groß die Wahl. Das Geburtshaus hatte schließen müssen und im ganzen Landkreis gab es eine Hebamme, die Hausgeburten begleitete und schnell ausgelastet war. So habe ich damals ambulant entbunden.
Bereits zu Beginn von Maditas Schwangerschaft hatte ich das Bedürfnis, den Verlauf der Schwangerschaft und die Geburt anders gestalten zu können, da ich davon überzeugt bin, dass eine Geburt etwas Natürliches ist und eine Umgebung braucht, die mir, dem Kind und den Menschen, die mich während dessen begleiten, entspricht.
Als ich wusste, dass ich wieder schwanger war, habe ich mich an Saskia gewendet und war froh, dass sie Zeit für uns hatte. Somit begann bereits die Schwangerschaft anders, da Saskia mich die gesamte Schwangerschaft betreute und kein Frauenarzt. Das war eine wunderbare Erfahrung für mich, da ich mehr auf mich und Madita vertrauen und selber entscheiden konnte, welche Vorsorgeuntersuchungen ich wahrnehmen wollte. Mit fortschreitender Schwangerschaft wurde ich immer mehr darin bestätigt, dass eine Hausgeburt der richtige Weg für uns ist. Weshalb auch nicht. Mir scheint es noch nicht lange her zu sein, dass es vollkommen selbstverständlich war, dass Frauen in der vertrauen Umgebung der eigenen vier Wände ihre Kinder das Licht der Welt erblicken ließen. Mein Mann Niels unterstützte mich vollkommen mit diesem Weg, da er der Meinung ist, dass es das Wichtigste ist, dass ich mich wohl und gut fühle.

Am Tag der Geburt von Madita bin ich morgens gegen 5.30 Uhr mit leichten, sehr unregelmäßigen Wehen aufgewacht. Intuitiv wusste ich, wie schon bei Kaisa, dass es sich um die ersten Wehen handelt. Da Kaisa schlafend neben mir lag und ich noch müde war, bin ich liegen geblieben und wieder eingedöst. Um kurz nach 7.00 Uhr bin ich aufgestanden und runter zu Niels gegangen, um ihm zu sagen, dass ich Wehen habe und wir nicht wie geplant wandern gehen werden. Während er unten das Frühstück zubereitet hat, habe ich mich um Kaisa gekümmert.

Gegen 7.50 Uhr habe ich Saskia angerufen, um sie darüber zu informieren, dass ich die ersten Wehen habe. Zu dem Zeitpunkt hatte ich noch nicht das Bedürfnis, dass Saskia sich auf den Weg machen sollte. Durch Kaisas Geburt wusste ich, dass es noch dauern würde. So bin ich kurz noch in die Badewanne gestiegen, was ich als sehr angenehm und entspannend empfunden habe. Nach dem Baden merkte ich, dass sich die Wehen langsam in ihrer Intensivität zu verändern begannen. Deswegen habe ich Saskia um 8.30 Uhr nochmals angerufen und gebeten sich auf den Weg zu uns zu machen. Jetzt war der Zeitpunkt da, an dem ich sie bei uns haben wollte. Niels rief zeitgleich unsere Freundin an, die wir für Kaisa auf Abruf hatten, dass sie sich auf den Weg machen solle mit den Worten: „Nee, du musst jetzt nicht schnell machen. Wir frühstücken noch.“. Anschließend bin ich nach oben ins Bad gegangen, um mir die Haare zusammen zu binden und auf die Toilette zu gehen. Während des Toilettengangs hörte ich ein „Ploop“ und mir war klar, dass die Fruchtblase geplatzt war. da ich Fruchtwasser verlor. Also bin ich runter zu Niels und Kaisa, die bereits am Frühstücken waren. Ich bat ihn darum, die Kiste mit den vorbereiteten Sachen runter zu holen, was er hat.
Ich hatte das Bedürfnis mich zu bewegen, während Niels mit Kaisa das Sofa geburtsbereit machte. Er wollte nochmal den Raum verlassen. Daran hinderte ich ihn, da sich die Wehen wieder verändert hatten und ich begonnen hatte mit zu atmen. Ab dem Zeitpunkt ging alles sehr schnell und Vergleiche mit Kaisas Geburt hinfällig. Kurze Zeit darauf spürte ich intuitiv, dass ich nicht mehr stehen wollte und setze mich im Vierfüßlerstand auf das Sofa. Die Wehen kamen jetzt regelmäßig hintereinander mit sehr kurzen Abständen. Niels setze sich mit der stillen und andächtig schauenden Kaisa neben mich und rief Saskia an, um sich zu erkundigen, wo sie war. Gleichzeitig spürte ich zu den Wehen einen Druck nach unten und viel Kraft in mir, so dass ich mich auf die Wehen konzentrieren und einlassen konnte. Niels hörte ich nur sagen: „Saskia, ich glaube, ich sehe den Kopf!“. Obwohl ich voll konzentriert auf mich und Madita war, bekam ich das Telefonat noch mit. Niels bekam per Telefon Anweisungen von Saskia. Und zwei Wehen später hörte ich Niels sagen: „Saskia, ich muss jetzt aufhören, das Kind kommt.“. Tja, und eine Wehen später war Madita um Schlag 9.00 Uhr auf der Welt und tat dies laut kund. Ich löste mich aus meiner eingenommenen Position und legte mich auf den Rücken, so dass Niels mir Madita auf den Bauch legen konnte und uns zu deckte. So verweilten wir zu viert auf unserem Sofa. Alle völlig überwältigt von dem rasanten Tempo und überglücklich. Als erstes traf zehn Minuten später unsere Freundin ein, die Kaisa nach dem ersten Kennenlernen der beiden Schwestern mitnahm. Saskia kam weitere fünf Minuten später und füge sich in unsere improvisierte Situation in Ruhe und mit Gelassenheit ein, was mich heute im Rückblick immer noch sehr beeindruckt. Bei diesem Tempo hatte Saskia keine Chance gehabt bei Maditas Geburt dabei zu sein. Wir hatten noch eine Weile für uns bis Niels mit Saskia nach dem kompletten Auspulsieren die Nabelschnur durchschnitt und sie mich und Madita untersuchte.

Es kam anders als gedacht und war doch wunderschön und überwältigend zugleich. Zu keinem Zeitpunkt habe ich starke wahrnehmbare Schmerzen gehabt. Ich erlebte mich als absolut fokussiert, ruhig und kraftvoll. Ich habe erleben können, wie Madita und ich gemeinsam mit den Wehen mitarbeiten konnten bis zum Ende ihrer Geburt. Eine Erfahrung, die mich beeindruckend, stolz und ebenso ehrfürchtig macht. Die Entscheidung, sich für eine Hausgeburt entschieden zu haben, bereuen wir in keinster Weise, da wir so die Geburt hatten, die zu uns passt; fernab von allem Lärm und der Hektik unseres heutigen Weltgeschehens.

Vom ganzen Herzen möchten wir dir danke sagen, liebe Saskia. Danke, dass du uns begleitet und uns dein Vertrauen geschenkt und deinen Erfahrungsschatz mit uns im Vorfeld und während dessen geteilt hast.