Bericht zur Hausgeburt von Luis Alexander

Nachdem wir uns schon seit einiger Zeit ein drittes Kind wünschten, war die Freude über den positiven Schwangerschaftstest Anfang Juli 2010 groß. Und sogleich begann die Suche nach einer geeigneten Hebamme für die Vorsorge und die geplante Hausgeburt.

Bei unseren beiden ersten Kindern hatten wir mit der parallelen Vorsorge von Frauenärztin und Hebamme sehr gute Erfahrungen gemacht. Die geplanten und dann auch tollen Hausgeburten hatten uns darin bestärkt, auch dieses Mal genau diesen Weg zu gehen. Allerdings war aufgrund unseres Umzuges auf die Alb unser altes Team nicht mehr für uns verfügbar.

Die Internetrecherche war erfolgreich, wenigstens eine Hausgeburtshebamme für den Münsinger Bereich wurde angezeigt: Saskia DeKoning. Diese erwies sich für uns als Glückgriff. Bereits im Anfangsstadium der Schwangerschaft nahm ich Kontakt auf und so lief die Betreuung bereits im vierten Monat an.

Die Schwangerschaft erlebte ich nicht so entspannt wie die bisherigen. Ein Hämatom in der Gebärmutter führte zu Blutungen, die mich sehr erschreckten und Angst um unser Kind haben ließen. Dadurch verlor ich mein sonst so stimmiges Gefühl für mich und meinen Körper und war ziemlich verunsichert. Doch ermutigende Gespräche mit Saskia und ihre Empfehlung für ein paar klasse Bücher („Luxus Privatgeburt“ und „Die selbstbestimmte Geburt“) brachten mich wieder in Einklang mit mir und ich konnte mich wieder voll auf meine Geburt freuen.

Denn obwohl ich ja bereits zweimal super gebären konnte und ich schnelle (1 ½ und 2 ½ Std.) und intensive Geburten hatte, spukte dieses Mal die Angst vor einer langen und zähen Geburt in meinem Kopf. Ich denke, jede Frau hat so ihr eigenes Thema, wo sich die Ängste einen Weg bahnen und so zum Vorschein kommen, um beachtet und respektiert zu werden. Ich setzte mich daher noch einmal sehr mit dem Thema Geburt auseinander, studierte die bereits erwähnten Bücher genauestens und fühlte mich so gut vorbereitet.

Gerade die Betreuung durch eine Hebamme, die nicht auf die Uhr schaut beim Hausbesuch und sich vor allem, neben den körperlichen Aspekten, auch um die Psyche der Frau und ihre Ängste und noch so banalen Sorgen rund um die Schwangerschaft und Geburt kümmert und zuhört, hat mir sehr viel gegeben und mich an meine ganz eigenen Kräfte in mir erinnert und bestärkt, auf dem richtigen Weg zu sein.

Im Laufe der vielen Gespräche zwischen Saskia und mir witzelten wir immer wieder über den Umstand, dass ich dieses Kind doch auch alleine mit meinem Mann auf die Welt bringen könnte. Der Fahrtweg von ihr zu uns betrug immerhin 20 min und ich hatte auch bei meinen vorherigen Geburten immer erst spät realisiert, dass ich ja bereits mitten in der Geburt war. Saskia versicherte mir immer wieder, dass sie es mir durchaus zutraute, die Geburt auch alleine zu schaffen und so kam es, dass wir diesen Fall auch mal durchsprachen: auf was war zu achten, was war besonders wichtig.

Nun ja, der errechnete Termin am 1. März verstrich und darüber war ich auch sehr dankbar, hatte doch unsere Tochter Geburtstag und ich wollte unbedingt für jedes Kind einen eigenen Geburtstag. Gerne hätte ich auch noch einige Tage dazwischen gehabt und war diesbezüglich auch ganz guter Dinge, waren meine beiden andren doch jeweils 10 und 6 Tage über ET gewesen. Luis kam am 2. März und so hat nun jeder seinen eigenen Geburtstag und wir müssen dann halt nur von rosa Prinzessin auf blaue Ritter umdekorieren …

Die Geburt von Luis war echt, ja was sag ich denn dazu, überraschend schnell und super toll – das würde es wohl am besten treffen.

Der 2. März verging relativ normal. Morgens hatte ich noch eine osteopathische Behandlung (kann ich nur wärmstens weiterempfehlen, hat meiner Ansicht nach entscheidend zum Geburtsverlauf beigetragen) und der Nachmittag war mit meinen Kindern und ihren Bedürfnissen ausgefüllt. Allerdings war ich den ganzen Tag müde, aber auch das war normal. Wehen hatte ich seit geraumer Zeit eh schon immer mal wieder.
Nach dem Abendessen brachten mein Mann und ich die Kinder zu Bett und wir sahen uns im Fernsehen unsere Lieblingssendung an. Ich brach aber unruhig ab und ging gegen 20:45 Uhr, wie fast jeden Abend während der Schwangerschaft, zu einem Entspannungsbad in die Badewanne. Mein Gefühl zu diesem Zeitpunkt war, dass die Geburt wohl nicht mehr allzu viele Tage entfernt wäre.
Nach knapp 15 Minuten in der Badewanne ging ich mit einem Wecker bewaffnet, um mögliche regelmäßige Abstände zwischen Wehen zu ermitteln, wieder ins Wohnzimmer zu meinem Mann. Die Weckerkontrolle ergab nicht wirklich aussagekräftige 7-10 Minuten Abstand. Als erfahrene Gebärende weiß man ja, das muss noch gar nichts heißen. Die Geburt war für mich zu diesem Zeitpunkt noch mindestens eine Nacht Schlaf entfernt. Darum ging ich auch ins Bett, dort lag ich so friedlich und lauschte meinen Wehen, die zwar zwickten aber nicht wirklich weh taten, bis in meinem Bauch auf einmal eine Sambarunde eingelegt wurde, danach war rum mit lustig ! Auf einmal hatte ich eine Wehe, die diesen Namen auch wirklich verdiente. Ich stand auf und ging ins Bad, dort ging ich noch mal zur Toilette und dachte zu diesem Zeitpunkt: OK, die Geburt wird wohl noch diese Nacht stattfinden.

Mein Mann hingegen hatte in der Zwischenzeit die Zeichen (ohne von meiner Monsterwehe zu wissen) erkannt und unser Wohnzimmer kindergeburtstagsdekrationsfrei gemacht, Feuer im Ofen nachgelegt, Wohnzimmer gesaugt, kurz: klar Schiff gemacht. Man muss dazu sagen, ich bevorzuge Geburten in aufgeräumten Zimmern. In meiner Traumvorstellung läuft dezente Hintergrundmusik, das Feuer knistert im Ofen, Kerzen erleuchten das Zimmer, kurzum: eine romantische Stimmung herrscht ...

Mein Mann ist einfach toll und mittlerweile ja ein erfahrener Geburtshelfer. Er kennt mich bereits einige Jahre und so kam er nach getaner Räumerei in Wohnzimmer und Küche die Treppe hoch und es kam zu einer Begegnung mit mir. Ich kam gerade raus aus dem Bad, er schaute mich an und meinte nur: „Wir rufen jetzt Saskia an !“ Ich: „Ja !!“ Zu diesem Zeitpunkt war es 21:45 Uhr.

Ich schleppte mich mit inzwischen heftigen Wehen die Treppe ins Wohnzimmer runter und stand am Ofen, dessen Feuer mir echt egal war, und bruddelte vor mich hin. Steffen, so heißt mein Mann, telefonierte in der Zwischenzeit mit Saskia. Diese hatte aufgrund meines inzwischen lauteren Stöhnens im Hintergrund die Lage erkannt und kündigte an, schnellstmöglichst da zu sein.

Während ich da so stand, verbreitete mein Mann eine für mich schreckliche Hektik, er hatte unseren Hausgeburtskorb hergeholt und fing an, mir daraus ein entsprechendes Geburtslager herzurichten. Ich gab ihm nur noch vereinzelte Anweisungen, von „schneller“ und „lass das doch jetzt sein“ bis „die Handtücher müssen bei 100 Grad in den Ofen“. Kurz, ich war gereizt!!, was bei meinen Geburten im übrigen normal ist und er ja mittlerweile schon kennt und es zum Glück auch nicht persönlich nimmt.

Während ich also dastand und versuchte, irgendwie die Wehen zu veratmen, dachte ich die ganze Zeit: das drückt schon so nach unten, wenn das stundenlang so bleibt, halte ich es dieses Mal nicht aus und wir müssen abbrechen - das sind doch bereits Übergangswehen, wenn ich es nicht besser wüsste !

Nachdem mein Mann mir nach einer gefühlten Ewigkeit mein Lager am Sofa (da gebäre ich irgendwie immer) gerichtet hatte, schleppte ich mich dorthin und gab mich auf Knien meinen Wehen hin. Ich jammerte nur noch, dass ich dies nicht aushalten werde und es würde so nach unten drücken, bis ich auf einmal aufschrie: „Es kommt !“. Ich konnte bereits den Kopf fühlen, instinktiv drückte ich zum Dammschutz dagegen. Mit der nächsten Wehe folgte eine Fruchtwasserflut und Steffen nahm unser Baby in Empfang. Unser Luis Alexander war da, er begann sein Leben mit einem Gurgeln und schrie dann sogleich los.

Ich setzte mich aus meiner Geburtsposition hin und nahm ihn in die Arme. Wir wickelten ihn in die warmen Handtücher und waren überwältigt. Es war jetzt 22:13 Uhr. Kaum 3-4 Minuten später klingelte es an der Haustür. Saskia war da und hörte sofort, dass Luis bereits angekommen war. Sie untersuchte mich dann nach Geburtsverletzungen und begleitete mich bei der Nachgeburt.

Diese Geburt war für mich eine Erfahrung, die mich durch mein ganzes Leben tragen wird. Wer kann schon sagen, sein Kind alleine auf die Welt gebracht zu haben. Darauf bin ich sehr stolz. Ich hatte zu keinem Zeitpunkt Panik oder dergleichen. Für mich war allerdings wichtig, meinen Mann an meiner Seite zu haben und dieser strahlte im richtigen Augenblick auch die nötige Ruhe aus. Vielleicht kann er ja mal auf Geburtshelfer umschulen ?! Allerdings bin ich sehr froh, dass Saskia wenige Augenblicke nach der Geburt da war und uns sicher durch die Nachgeburtsphase und die ersten Untersuchungen begleitet hat. Dies hätte ich nicht alleine verantworten wollen.

Für mich war es die richtige Entscheidung, diesen Weg genau so gegangen zu sein. Hausgeburten sind für mich die genau richtige Art, Kinder auf die Welt zu bringen.
In einer vertrauensvollen und von mir selbst bestimmten Umgebung, mit Menschen, denen ich gestatte, an diesem sehr intimen Erlebnis teilzuhaben und doch mit kompetenter Begleitung fängt ein neues Leben meiner Ansicht nach stimmig und würdevoll an.

Ich finde es schade, dass Geburten oft nur im Zusammenhang mit den dazugehörigen Schmerzen, möglichen Komplikationen und der Ohnmacht gegenüber fremden Entscheidungen erlebt werden. Natürlich tun Wehen weh, aber: viel wichtiger ist meine Einstellung dazu. Ich denke, ein selbstbewusster Umgang mit diesem sehr zentralen Thema von Frauen, ist entscheidend für das Empfinden während der Geburt.

Daher wünsche ich jeder Frau den Mut, Verantwortung für ihren Körper und ihr Kind zu übernehmen. Dass sie sich an ihre Ur-Kräfte, die in jeder Frau schlummern, erinnert und es wagt, das Geburtsereignis so zu gestalten wie es für sie richtig ist. Eine Hausgeburt mag nicht das richtige für jede Frau sein, aber jede Frau sollte sich, egal für was, bewusst dafür entscheiden. Dann kann sie Verantwortung dafür übernehmen und ihr Geburtserlebnis als eine das weitere Leben bereichernde Erfahrung erleben.