„Viele fanden es mutig, für mich war es von Anfang an die richtige Entscheidung. Klinik – dafür hätte ich Mut gebraucht“

Ende April habe ich meine Tochter bei uns zuhause geboren. Viele fanden dies mutig, für mich war es von Anfang an die richtige Entscheidung. Klinik – dafür hätte ich Mut gebraucht. Für zuhause brauchte ich diesen nicht. Da brauchte ich nur meinen Mann und meine Hebamme. Beide waren wie geplant dabei und begleitetet mich durch meine fast 33 Stunden lange Geburtsreise.

Am Dienstag, nachts um 3 Uhr, wurde ich von einer Kontraktion geweckt, die anders war als alle anderen bisher: es geht los! Ich bin sofort in die Badewanne und siehe da, die Wehen wurden stärker! Was hatte Saskia gesagt? Latenzphase – ausruhen! Leichter gesagt als getan. Ich schaffte es immerhin insgesamt 3 Stunden Schlaf zu bekommen, mehr waren nicht drin. Ich tigerte stundenlang durch‘s Haus, badete, veratmete, ruhte mich aus… backte einen Geburtskuchen. Saskia rechnete bereits am Dienstagabend mit der Geburt, sagte sogar ihre Kurse ab… und organisierte sie dann doch wieder zusammen. Es ging nämlich nicht voran. Die Kontraktionen raubten mir teilweise viel Kraft, aber sie waren nicht wirksam. Mein Körper arbeitete und arbeitete. Immer wieder sagte ich mir, dass diese Phase auch mal 2 Tage gehen kann… und dass es sicher einen Grund hat, weshalb sie bei mir so lange dauert. Ich las mir immer wieder meine Geburtsaffirmationen durch. Mein Mann sprach mir ebenso gut zu, auch wenn es ihn fast verrückt machte, dass er nichts tun konnte. Irgendwann hatte ich dann wirklich keine Lust mehr. Die Schmerzen und der Schlafmangel waren irgendwann nicht mehr auszuhalten. „Dann bleib halt drin!“ dachte ich Mittwochnacht in der Badewanne… und freute mich darüber. War es nicht ein gutes Zeichen, wenn frau keine Lust mehr hatte?

In der Klinik hätte ich wahrscheinlich aktuell zu allem Ja gesagt, weshalb ich froh war, zuhause zu sein. Ich wollte nämlich doch eigentlich gar nichts. Das Baby bzw. mein Körper hatte sicher einen Grund, warum es etwas mehr Zeit braucht. Mir wurde allerdings bewusst, weshalb manche Frauen die Hausgeburt abbrechen müssen. Meine Kraftreserven wurden auf die Probe gestellt. Aber mein Wunsch nach einer Hausgeburt war stärker als jede Erschöpfung. Es wird schon bald richtig losgehen… Morgens um 8:40 Uhr beschloss nun auch endlich mein Körper: jetzt reicht’s. Meine Fruchtblase eröffnete sich, als ich auf der Toilette einen starken Pressdrang spürte und dem nachgab. Platsch, alles war nass. Es war leider etwas grünlich, aber alle Werte in Ordnung. Tatschlich dachte ich, Saskia verlegt die Geburt. Wir müssen bestimmt fahren. Wäre auch nicht schlimm gewesen, wir hatten uns einen sympathischen, kleinen Kreißsaal für eine Verlegung herausgesucht. Koffer war längst für Plan B gepackt. Aber wie sollte ich in ein Auto kommen? Ich hatte gefühlt eine Kontraktion nach der anderen. Diese Gedanken machte ich mir bis Saskia dann 1,5 Stunden später bei uns war und die zweite Hebamme schnell dazu holte. Erst als ich hörte, dass diese nun gleich kommen wird, realisierte ich: wir bleiben zuhause!

Die nächsten 1,5 Stunden kam die Geburt so richtig in Fahrt. Saskia leitete mich zu Positionswechseln an und kontrollierte immer wieder die Herztöne. Ich habe mich sehr sicher gefühlt, auch wenn ich eine Kontraktion nach der anderen hatte und kaum Pause bekam. Die zweite Hebamme verstrahlte eine Ruhe, die meinem Mann und mir ebenfalls sehr guttat. Eine Stunde vor Geburt konnte Saskia eine eventuelle Erklärung für den Geburtsprozess finden: da war ein Sternlesgucker unterwegs. Um das Kind noch zum Drehen zu bewegen war es zu spät, ich hatte starken Pressdrang, der Muttermund offen. Ich durfte dem Drang nachgeben und tat dies auch. Irgendwann spürte ich Stück für Stück den Kopf des Babys, den Ring of Fire… jetzt wusste ich: gleich geschafft! Und so war es. Der Kopf wurde geboren und ich hatte genug Kraft den Körper gleich noch hinterherzuschieben. Ich gebar in rechter Seitenlage, gestützt von meinem Mann. Saskia hob das Baby hoch, legte es mir auf die Brust. Mein Mann sagte mir, dass wir eine kleine Josefine bekommen haben. Sie hob den Kopf und sah mich mit ihren dunklen Augen an. Sie war ganz ruhig und entspannt, ganz wie ihre Eltern. 

Josefine wurde vor unserem Sofa im Wohnzimmer geboren – es war eine sehr kraftvolle, aber friedliche und selbstbestimmte Geburt.
Danke Saskia!