„Erdbeerblondes Biberschweinchen...“

Du liegst schlafend neben mir, die Sonne scheint auf deine weichen Haare, rötlich glänzen sie jetzt. Du pupst und etwas Milch läuft auf unser Sofa, mal wieder habe ich das Spucktuch vergessen. Eben hast du kurz geweint und jetzt liegst du bei mir und bist sofort wieder eingeschlafen…mein Herzschlag ist für dich das Vertrauteste, das du kennst, unglaublich schön!
Und so kamst du aus meinem Bauch in unsere Arme:

Schon seit Freitag hatte ich das Gefühl, du bewegst dich anders in meinem Bauch. Wie genau kann ich nicht sagen, wie ich so Vieles, das mit dir zu tun hat, nie in Worte fassen könnte. Wann und wie du geboren werden würdest, konnte mir niemand sagen, auch wenn alle der Meinung waren, es würde „schön werden und nicht lange dauern“- aber wissen konnte ich es nicht. Also war ich positiv gemeint erwartungslos, das gab mir eine tiefe innere Ruhe. Und Erwartungen, die nicht da sind, können schließlich auch nicht enttäuscht werden.
Ich dachte oft, wenn ich sie im Arm halte, Zuhause und ganz gemütlich, erst dann sage ich mir selbst, dass ich es eigentlich gewusst habe: wir werden eine Geburt bei uns Zuhause erleben, alle in Ruhe zusammen und mein Körper wird es wunderbar schaffen, gemeinsam mit unserem Babylein.
Sonntag konnte ich dann nach einem gemütlichen Abend schon nicht einschlafen, mein Bauch war irgendwie ganz empfindsam. Ich dachte mir, ich mache mal einfach mit und habe nicht viel nachgedacht, was das bedeuten könnte. Ab 2Uhr musste ich dann oft auf die Toilette, wie es mir meine Mama schon durch ihre vier Geburten prophezeit hatte. Ich merkte auch Wehen alle paar Minuten, ich drehte mich viel im Bett umher, machte es mir möglichst gemütlich und atmete ganz ruhig und sprach mit unserem Baby, das munter strampelte. Gegen 4Uhr wurde Lennart wach, als ich von der Toilette kam und fragte direkt und ganz wach, was los wäre. Ich sagte nur „Eeehm, nichts, schlaf einfach weiter ;-)“. Aber er hatte natürlich schon längst gespürt, dass es kein normal-schwangeres-nachts-mal-Pipi-machen war. Er war ganz niedlich aufgeregt und ich sagte glaube ich, unser Baby kommt und freute mich total. Lennart machte unsere Duftlampe an und gemütliches Licht. Es war so romantisch und kuschlig!
Schon da hatte sich bewahrheitet, wovon ich überzeugt war: wie und wo ein Baby entsteht, kann es auch am besten geboren werden. Mit Liebe gemacht, in Liebe geboren sozusagen . Deswegen fühlten wir uns gedanklich die Schwangerschaft über mit einer Geburt Zuhause auch am wohlsten. Hier waren wir geborgen und geschützt. Für mich wäre es schwer gewesen, hätte jemand unser Baby nicht liebevoll berührt oder jemand von uns wäre alleingelassen worden. Bei Saskia war ich mir ganz sicher, sie würde uns lassen, wie wir sind, nicht stören oder stressen.
Wir blieben noch im Bett, meine Wehen veratmete ich schon lauter und ging immer wieder auf Kissen gestützt in den Vierfüßler und dann wieder seitlich liegend, um Kraft zu sparen. So um 6:30Uhr fühlte ich mal nach meinem Muttermund, der die ganze Schwangerschaft schon leicht geöffnet und weich gewesen war. Und wow! Er war schon fast zur Hälfte geöffnet und die Fruchtblase drückte schon nach unten. Da sagte mir mein Gehirn: du bist wirklich am gebären! Bis dahin hatte ich wirklich wenig nachgedacht, sondern einfach geatmet und mich locker gemacht, was prima ging und mir nicht schwerfiel. Schmerzen waren es nicht für mich, es dehnte sich eher immer sehr intensiv in meinem Becken aus…meine Gebärmutter tat mir meine ich auch nicht weh oder wurde unangenehm hart, mein Baby konnte immer gut strampeln und hatte schön viel Platz.
Der Schlauch für den Pool funktionierte nicht, sodass Lennart ihn eimerweise mit herrlich heißem Wasser füllte. Als ich gegen viertel vor acht reinging, merkte ich sofort, wie gut das tat! Obwohl mir von der Hitze schnell schwummrig wurde, wollte ich es nicht kälter haben und trank lieber etwas kalte Cola dazu. Meine Wehen wurden etwas seltener, aber dafür spürbar wirksamer und von einem Video weiß ich, dass ich schon ziemlich laut getönt habe und langsam ganz schön am geburtsarbeiten war. Von meinem Muttermund war nur noch ein mini Rand übrig und ich wollte gern mal eine Pause, zumindest hat Lennart dann gesagt: Wenn das noch eine halbe Stunde so weitergeht, rufe ich doch mal Saskia an…
Um neun fand ich die Idee dann auch genau richtig, Saskia hier zu wissen machte mir in Gedanken irgendwie Hoffnung! Erstmal legte ich mich dann kurz aufs Sofa, mir war echt schwindelig und es war echt heftiger als vorher geworden. Ich fühlte mich, wie in einem Rausch und bekam nicht mehr viel von Außen mit. Mein Baby hatte war auch ganz ruhig. Als Saskia um 10Uhr kam, sagte sie mir ganz lieb Hallo und war so schön zurückhaltend und ruhig.
Jetzt spürte ich die Fruchtblase schon richtig stark und wollte so gerne, dass sie sich öffnet! Ich spürte, dass sie mich noch davon trennt, mein Baby im Arm halten zu können. Also konzentrierte ich mich in Gedanken auf einen platzenden Luftballon und drückte ein bisschen mit. Dass es dann wirklich plötzlich in mir Plopp machte, fand ich total erlösend und einfach super. Wieder der Gedanke: das hier ist wirklich deine Geburt, woooow!
Dann kippte meine Stimmung ziemlich, es tat mir wirklich so doll weh, vorallem im ganzen Po und ich hatte nicht mehr viel Motivation und Willen. Der Gedanke: Ich bin hier Zuhause, ich muss es aus meiner Kraft schaffen, ich muss, ich habe gerade keine andere Wahl, machte mir zu schaffen. Ich fühlte mich ausgeliefert und mir war nur noch nach Weinen zumute.
Lennart holte ein kleines Kuscheltier für unser Baby her, das uns meine Mama geschenkt hatte. Er sprach durch das Kuscheltier mit mir, als würde unser Baby mit mir reden, dass es zu mir möchte, um mit mir kuscheln. Das fand ich so süß und ich dachte daran und tönte mit „jaaaaaa, komm zu mir mein Baby“. In Lennarts Augen konnte ich richtig erkennen, dass er merkte, was in mir vor sich ging.
Saskia sprach mir ganz viel Mut zu und genial war, als sie mich endlich dazu bekam, mal aufzustehen! Denn da war ich selbst auf einmal wieder da!
Der gefühlt unaushaltbare Schmerz in meinem Po und ganz stark am Schambein war wieder machbar für mich. Davor war ich davon wirklich geschockt… so stark hatte mir das noch keine Frau vorher gezeigt oder beschrieben, damit hatte ich nicht gerechnet. Aber jetzt wollte ich wieder, ich wollte mein Baby in die Welt lassen und die Grenze wollte ich mit all meiner Kraft überschreiten. Ich habe glaube ich geschrien, Lennart muss unbedingt mal unser Baby in mir anfassen und wie unglaublich das wäre. Ich spüre ganz viel Wildheit und Urkraft in mir aufkommen. Ob ich eine Wehe hatte, oder nicht, wusste ich nicht. Ich wollte es geschafft haben.
Am meisten freute ich mich in meiner Schwangerschaft immer auf den Moment, wenn ich das Köpfchen in mir berühren kann und spüre, wie ich es rausschiebe und noch etwas in meiner Hand halten kann. Dieser Moment war gekommen und wirklich erst da wurde mir bewusst, dass da wirklich ein kleines Menschlein in mir gewohnt hat und gleich ganz anders und nah bei mir sein wird!
Ich hielt ihr Köpfchen die ganze Zeit in meiner Hand und schob gegen das Gefühl an, mein Po, mein Schambein und meine Klitoris würden auf jeden Fall platzen oder explodieren. Ohne dieses „über meine Grenze gehen“ würde mein Baby wohl nicht rauskommen können… aber jetzt fühlte sich dieses Gefühl, zu müssen, wesentlich kraftvoller und wunderschöner an !!
Es gibt so ein tolles Foto, auf dem Lennart und ich uns eine Minute, bevor unser Baby ganz rauskommt, küssen. Wie könnte Geburt da Horror, Angst und Schrecken für mich sein, wie ich es leider von vielen Frauen höre? Leicht war es nicht, auch nicht schmerzfrei. Aber das unglaubliche Ergebnis, mein Baby im Arm zu halten, warme Handtücher aus unserem Ofen zu bekommen und es in Ruhe betrachten zu können… dafür habe ich die Natur gerne machen lassen und aus eigener Kraft und ohne Fremdbestimmung geboren.
Du kleines Menschlein in meinem Arm, so verletzlich und noch nie vorher von jemandem so angeschaut oder so berührt. Du löst ganz neue Gefühle in mir aus, die ganz anders sind, als ich es vorher hätte wissen können. Und die sich auch mit der Zeit verändern, vergrößern oder verkleinern.
In den Wochen nach unserer Geburt ging es dir immer so gut! Du bist so ein glückliches Baby, lachst so viel und weinst auch in unseren Armen. Du hast mir die Kraft gegeben, selbst durchzuhalten, denn für mich war unser Wochenbett keine leichte Zeit. Es war zu oft schmerzhaft und alles andere als unbeschwert.
Ich bin Saskia für immer dankbar, dass sie mir mit ihrer Liebe und ihrem Mitgefühl beistand, denn alleine hätten wir es wirklich nicht so geschafft.
Jetzt ist Weihnachten, mir geht es endlich mal wirklich gut und du, schnucklige Greta bist die ganze Zeit geborgen und geliebt bei uns. Ich bin so dankbar für dich und uns.