„MIT GLÜCKSHAUBE“

Die Geburt unseres Sohnes

Für mich war von Anfang an klar, dass ich mein Kind zu Hause gebären wollte. Meine drei Brüder sind zu Hause zur Welt gekommen, das war für mich einfach völlig normal. Eine Hausgeburtshebamme zu finden war aber schwierig. Nachdem mich die drei hier in Karlsruhe abgelehnt hatten, weil ich nach der Geburt meiner Tochter eine Blutung hatte, bei der nie geklärt werden konnte, wieso und woher die kam, war ich recht verzweifelt. Durch Corona hatten sich die Kennenlerntermine sowieso schon immer wieder verschoben und ich war jetzt schon in der 21. Woche. Ich fing grade an, mich mit dem Gedanken an eine Doula-begleitete Klinikgeburt anzufreunden, da entdeckte eine Freundin, dass in einem Hebammensuchportal Saskia auftauchte – für meinen Termin und meinen Ort. Ich war mir sicher, dass das ein Fehler sein muss, schließlich sind es fast 130 km zu uns, aber ich rief sie trotzdem an. Witzigerweise kannte meine Mutter sie, sie waren zusammen im Geburtsvorbereitungskurs und einer meiner Brüder ging mit Saskias Sohn in die Schule. Sie rief schnell zurück, ich erzählte meine ganze Geschichte und Saskia sagte mir ihre Begleitung zu! Ich war so glücklich! Die sonst sehr entspannte und einfache Schwangerschaft ging also genauso weiter.

Die Vorsorge teilten sich ab jetzt Saskia und die erste Hebamme hier vor Ort, die mir zum Glück nur die Geburtsbetreuung abgesagt hatte. Ich war mir immer sicher, dass das Baby nach dem Termin (wie meine Tochter) und im Oktober kommen würde, aber 2 Wochen vor dem Termin wurde ich derart ungeduldig, schlecht gelaunt und unruhig, ich dachte und hoffte, dass das Baby früher kommen würde. Tja. Das tat es nicht. Fünf Tage nach dem ET (es war inzwischen Oktober! Ich hatte also doch recht gehabt!) war ich beim Frauenarzt. Ich hatte mit Saskia besprochen, dass ich den Termin „so früh“ mache, weil es ein Freitag war, damit wir beruhigt ins Wochenende gehen konnten. Little did we know... Die Frauenärztin hat einen kurzen Ultraschall gemacht, die Plazenta sah gut aus und die Nabelschnur-Durchblutung auch. Dann meinte sie aber, dass es sehr wenig Fruchtwasser ist und dass die Nieren vom Baby vergrößert wären und die Blase nicht darstellbar sei. Und es sei ja ein sehr großes Baby, 4200 g. Ich soll in die Klinik zur Abklärung, die hätten bessere Geräte. Heute noch. Ich bin also mit meiner besten Freundin Noelle, die auch bei der Geburt da sein sollte, in die Filderklinik gefahren. So ging der Stress los. Der Arzt fand die Nieren und Blase nicht weiter besorgniserregend, aber riet wegen des wenigen Fruchtwassers zur sofortigen Einleitung. Genau das, was ich nie wollte, schließlich ist eine Einleitung der sicherste Weg in eine Interventionsspirale. Auch er schätzte das Baby auf 4200 g, also sehr groß. Wir sind trotzdem erstmal wieder heimgefahren, ich wollte über Nacht alles versuchen, um das Baby rauszukitzeln. Scharfes Essen, Ingwer-Zimt-Tee, Einläufe, Sex, Meditation. Half alles nichts. Ich hatte aber ein gutes Gefühl, Babylein turnte und strampelte wie immer, ich machte mir keine Sorgen. Ich wollte bis abends warten. Zwischendrin machte ich mir noch einen Nelkenöltampon, mehr Tee und versuchte sonst zu entspannen.

Samstag Nachmittag machte ich mir dann Sorgen, weil ich nicht wusste wie die Regelungen bzgl. Begleitpersonen in den Kreißsälen zur Zeit waren. Ich bat meinen Mann Patric also, alle in Frage kommenden Kreißsäle abzutelefonieren. Zwei Kliniken waren voll, bei der nächsten vor Ort (die sowieso absolute Notfalloption war) war die Hebamme völlig entrüstet, dass wir nicht angemeldet waren, da wollte ich dann gar nicht mehr hin. Dann sind uns noch die Germersheimer Hebammen im Belegkreißsaal in Speyer eingefallen (in Germersheim hab ich meine Tochter geboren, der Kreißsaal wurde inzwischen geschlossen und die Hebammen sind nach Speyer „umgezogen“). Dort hieß es wir könnten kommen, aber dann bitte gleich. Es würde dann nochmal die Ärztin drauf schauen, vielleicht wäre ja alles noch gar nicht so dringend. Also sind wir so gegen 16 Uhr nach Speyer gefahren. Patric und unsere Tochter mussten draußen bleiben, ich bin dann alleine rein.

Es wurde ein CTG geschrieben, was witzigerweise alle 10-12 min Wehen aufzeichnete, von denen ich absolut nichts merkte, und die Ärztin hat einen Ultraschall gemacht. Auch sie riet aufgrund der Fruchtwassermenge zur Einleitung, großes, schweres Kind und so, meinte aber ich solle mir überlegen, ob es jetzt zur Nacht sinnvoll ist. Ich hab dann mit der Hebamme die verschiedenen Methoden besprochen und da mir die medikamentösen unheimlich sind, bat ich sie, mal nach dem Muttermund zu schauen, um dann zu überlegen, welche mechanischen Einleitungsmethoden geeignet wären. Da kam die Überraschung! Ich war schon 3-4 cm eröffnet! Es tat sich also doch was! Ich war so erleichtert, ich musste erst mal weinen. Wir haben dann einen Termin zur Einleitung gemacht, für Sonntag um 11 Uhr. Dann sind wir heimgefahren. Es war inzwischen gegen 21:30 Uhr und auf dem Weg zum Auto spürte ich die erste zarte Wehe. Im Auto wurden sie dann regelmäßig, wir hatten 45 min zu fahren und gegen Ende der Fahrt, als ich grade mit Saskia telefonierte um sie auf den neuesten Stand zu bringen, kamen die Wehen schon alle 5 min. Saskia war etwas zögerlich, da ja jetzt doch einige Dinge zusammen kamen (meine Blutungsvorgeschichte, das wenige Fruchtwasser, das große Kind…) und ich verzweifelte wieder etwas, weil ich es mir nach der super freundlichen Behandlung in Speyer zwar vorstellen konnte, dort zu gebären, aber nicht wieder zurück fahren wollte. Wehen im Auto sind einfach doof… Ich wollte einfach nur heim. Zu Hause angekommen hat Patric unsere schlafende Tochter ins Bett gebracht, ich habe noch etwas aufgeräumt, Kerzen angezündet und es gemütlich gemacht. Zwischen drin die Wehen aufs Sofa gestützt oder auf dem Gymnastikball veratmet. Dann kam die erlösende Nachricht von Saskia: Sie oder ihre Kollegin Janna oder beide würden kommen! So eine Erleichterung! Die Wehen waren inzwischen schon knackig und ich wollte in unsere Geburts-Regentonne, obwohl ich dachte, dass es eigentlich noch viel zu früh sei. Patric hat sie befüllt und ich bin rein geklettert. Das war eine wahre Wohltat! Das warme Wasser tat so gut! Ich konnte in den Pausen wieder reden und lachen und hatte richtig Pause. Dann kam auch Noelle, das war vor allem für Patric eine Erleichterung. Er hat Saskia dann nämlich nicht mehr erreicht und dann aber Janna angerufen. Die ist dann auch gleich losgefahren, und war eine Stunde später da. Davor wollte ich nochmal raus aus der Tonne, aufs Klo. Also raus, eine Wehe auf dem Gymnastikball hinterm Sofa, aber mir war sooo kalt, obwohl Patric mich total gut in ein riesiges Handtuch eingepackt hat.
Dann ins Bad, nächste Wehe auf dem Klo, da ging es besser von der Temperatur her wegen der Fußbodenheizung, Geschäft erledigt, und wieder rückwärts. Mir war schon vorher ab und zu mal schlecht, aber gespuckt hab ich dann tatsächlich nur einmal, nach einer mega heftigen Wehe auf dem Gymnastikball. In der Tonne war wieder alles gut. Nur den Lichterschlauch mussten wir rausholen, weil der Tesa, mit dem er festgeklebt war, nicht sehr gut gehalten hat und dann im Wasser rum schwamm und mich genervt hat. Janna hat dann ein paar mal Herztöne gehört und war sehr zufrieden. Das tat mir nochmal gut, weil ich das Baby "an Land" zwischen den Wehen immer gespürt hatte, aber im Wasser nicht mehr so gut. Also war alles gut und das war dann eine sehr schöne Zeit. Patric und Noelle haben sich unterhalten, Janna saß auf dem Sofa und hat gelesen und ich war in meiner Blase in der Tonne. Irgendwann kam Saskia dann auch, Janna hatte sie angerufen. Das war aber gut so, dann hatte sie etwas Erholung zwischen der einen Geburt von der sie gerade kam und unserer Geburt.

Dann wurde es richtig intensiv, ich musste ziemlich jammern und irgendwie hat die Temperatur nicht mehr richtig gepasst. Im Wasser zu warm, mit den Schultern raus zu kalt, ich hab gezittert und gejammert. Da hab ich Noelle und Janna reden hören, dass ich vielleicht schon im Übergang bin, das hat gut getan zu hören. Ich war zwar eigentlich schon sicher (wieso sollte ich sonst jammern müssen? Aber hatte insgeheim doch Angst, dass ich einfach wirklich nicht mehr konnte). Es hat es sich nämlich schon sehr nach Übergang angefühlt, aber ich dachte, dazu wär es ja noch viel zu früh. Dann wollte ich wieder raus, weil ich dachte, ich müsste nochmal aufs Klo. Auf dem Klo (wieder mit Umweg über Gymnastikball) dann die Erkenntnis: was da so drückt ist das Baby! Das ging gefühlt sooo schnell! Da hab ich echt kurz gebraucht um damit klar zu kommen. Auf dem Klo waren die Wehen mega heftig, zu heftig. Ich bin dann wieder ins Wohnzimmer, inzwischen war mir nicht mehr kalt, und hab mich vors Sofa gekniet. Saskia hatte das vorgeschlagen und genau das wollte ich eh. Sie hat die Yogamatte doppelt gelegt, das war gut. So ging es ganz gut, aber das waren dann echt schon Presswehen! Ich weiß nicht, wie viele, gefühlt höchstens fünf. Ich bin vom Tönen ins Brüllen gekommen. Saskia hat vorgeschlagen, dass ich ein Bein aufstell, so hat das Baby mehr Platz, also hab ich das rechte Bein aufgestellt. Ich hab immer wieder gefühlt, wie weit ich war, das war krass. Die Fruchtblase war ja noch nicht geplatzt und lag direkt über dem Köpfchen. Ich fand, sie war erstaunlich derb. Das Baby ist ein paar Wehen lang immer wieder ziemlich zurück gerutscht. Saskia hat immer wieder gesagt, dass das gut ist für das Baby und meinen Damm. Ich weiß das ja und fand das gar nicht frustrierend zum Glück. Ich fand die Presswehen aber wesentlich schmerzhafter als bei der ersten Geburt. Da war es "nur" Arbeit, jetzt hat es gebrannt und gezogen, das hat mich vielleicht auch etwas vorsichtiger gemacht. Vor mir auf dem Sofa lagen zwei Meditationskissen gestapelt, auf die ich mich aufgestützt hab und rein gebrüllt hab. 

Saskia hat vorgeschlagen, ob Patric sich vor mich setzen soll (er war rechts hinter mir, sie links, Janna links vor mir auf dem Sofa, Noelle rechts), damit ich mich an ihn hängen kann, da hab ich gesagt, nee, sonst beiß ich ihm noch den Pimmel ab - großes Gelächter! Ich fands nicht witzig, ich hatte diese Sorge wirklich! Er hat stattdessen immer seine Hand in die Mitte auf meinen oberen Rücken gelegt. Das war total gut, da konnte ich mich drauf konzentrieren und es hat mich total gut in meine Mitte gebracht. Jannas Hand hab ich auch noch ziemlich gequetscht... (Sorry!) Dann kam eine heftige Wehe und Saskia meinte, dass jetzt oder mit der nächsten das Köpfchen geboren wird. Es war dann die nächste und nicht nur das Köpfchen, sondern das ganze Baby. Mit Glückshaube! Patric hat es aufgefangen und mir unter meinem Bein durch gegeben, ich hab es von ihm genommen. Es war so voll mit Käseschmiere! Und ein Junge! Es war 03:13 Uhr.

Er hat direkt beim geboren werden ein paar mal kräftig geschrien und ist dann in meinem Arm ganz ruhig geworden und hat uns angeblinzelt.
Ich hab mich dann umgedreht und vors Sofa gesetzt. Saskia hat mir 3 Einheiten Oxytocin in den Oberschenkel gespritzt, wie wir es ausgemacht hatten wegen meiner Vorgeschichte. Dann hatte ich wieder nur Augen für das Baby und dann kam auch schon die Plazenta, vollständig und völlig unkompliziert 5 min nach der Geburt. Die haben wir kurz zusammen angeschaut und Saskia hat sie erklärt. Sie wollte gleich abnabeln, aber die Nabelschnur hat am Baby noch pulsiert und war noch so dick und lebendig, ich wollte noch warten. Die Plazenta kam dann in die rote Schüssel neben mich. Ich bin dann umgezogen aufs Sofa. Patric hat das Baby gehalten, Saskia und Noelle haben Unterlagen unter mich drunter getan und mir geholfen und dann konnte ich mich gemütlich hinsetzen, Baby wieder nehmen und erst mal verschnaufen. 
Dann hab ich abgenabelt. Saskia hat statt dem gehäkelten Bändchen so einen Silikonring genommen - alles gut, nur keine Klemme! ich hab versucht, zu stillen, aber der kleine hatte gar kein Interesse. Lieber weiter gucken. 

Irgendwann dann hat Saskia mich noch genäht, die linke Schamlippe ist ziemlich tief gerissen, die rechte ein bisschen, das wurde nicht genäht. Sie hat das super gemacht, immer angekündigt, was sie tut und ob das evtl. weh tun könnte, das fand ich richtig gut. An einer Stelle hat die Betäubung nicht richtig gewirkt, da hab ich zwei Stiche gespürt, aber das war auch schnell vorbei. Davor und danach hatte sie noch nach meiner Gebärmutter getastet und war sehr zufrieden. Dann hat sie mir noch die Beine gewaschen. Ich wollte noch nicht duschen. Ich hätte sicher gekonnt, aber ich hab mich nicht getraut. Das fand ich so lieb von ihr. Nach der Geburt meiner Tochter hat mir damit niemand geholfen. Dann sind Saskia, Noelle und ich zusammen aufs Klo gegangen, ich hab Pipi gemacht und dann konnte ich es mir richtig gemütlich auf dem Sofa machen. Direkt nach der Geburt ist unsere Tochter wach geworden, Patric hat sie zum abnabeln dazu geholt. Sie war total verwirrt, wollte aber auch nicht zu mir, es war einfach zu viel für sie. Sie hat dann eine Weile auf dem Teppich gespielt, Noelle war dann für sie da.
Ich glaube, während dem Nähen wollte sie dann wieder ins Bett, Patric hat sie gebracht und ist gleich mit eingeschlafen. Saskia hat dann noch mit Noelle zusammen die U1 gemacht und da gab es noch eine große Überraschung! Der kleine wog 4620 g und war 56 cm groß! Zum Glück hatte das kein Arzt geschätzt!

Dann wurde noch ein bisschen aufgeräumt, Janna ist zwischen drin zur nächsten Geburt gefahren. Irgendwann ist dann auch Noelle heim. Saskia hat noch Papierkram gemacht. Ich bin immer wieder weg gedöst. Es wurde langsam hell. Um halb 8 war sie endlich fertig und hat sich ins Arbeitszimmer schlafen gelegt. Ich und der kleine haben auch bald geschlafen.
Um 10 Uhr sind wir alle gleichzeitig wieder wach geworden. Patric kam mit unserer Tochter ins Wohnzimmer, die sich total gefreut hat, dass das Baby endlich da ist und die "danz leine Finger" bestaunt und ihn gestreichelt hat. Das war so schön! Saskia hat nochmal auf alles geschaut und ist dann gefahren. Patric hat Frühstück gemacht. So sind wir ganz langsam in unseren ersten Tag zu vier gestartet.
Nach zwei Tagen haben wir dann auch seinen Namen gefunden: Florentin Jaron.

Liebe Saskia, ich bin sooo dankbar, dass ich mit dir meinen absoluten Traum von Hausgeburt erleben konnte. Danke, dass du an mich, meinen Körper und mein Baby geglaubt hast. Auch wenn die Hebamme hier vor Ort meinte, bei der nächsten Geburt würde sie mich nach dieser unkomplizierten Geburt auch begleiten, gebäre ich bestimmt nur noch mit dir!