„Anfangs kam es mir eher wie eine verrückte Idee vor“

Geburt Emil

Beim Nachdenken über meine Entbindung und wie das wohl alles sein würde, beim ersten Kind, kam mir gleich der Gedanke an eine Hausgeburt, da ich kein großer Fan von Krankenhäusern bin.
Anfangs kam es mir eher wie eine verrückte Idee vor, aber als ich dann mit meinem Mann zum Kennenlerngespräch bei Saskia saß, war für mich klar: „das willst du unbedingt und nichts anderes.“
Also sollte Emil in unserem kuscheligen neuen zu Hause im Holzhaus in Bronnweiler zur Welt kommen.
Nach dem ich zwei Tage zuvor schon einmal Wehen hatte und diese nach dem Duschen wieder verschwanden, begannen die Wehen eine Woche später mittwochs so gegen 1.00 Uhr nachts. Wobei ich sagen muss, dass ich bereits die Abende zuvor sehr heftige Kindsbewegungen und Bauchziehen hatte und mich ohnehin kaum noch bewegen konnte und froh war, dass es endlich los ging.
So gegen 2.30 Uhr wurde Jörg von meinem Schmerzgestöhne geweckt und stellte fest, dass die Wehen Abstände schon unter 10 Minuten waren. Er rief Saskia an und kündigte den Beginn an.
Sie telefonierte darauf hin kurz mit mir und da ich aber in einer Wehenpause noch Scherzen konnte 😉, verschob sie ihr Kommen noch einmal. So gegen 4.00 Uhr zogen wir vom Schlafzimmer ins Wohnzimmer um und riefen Saskia erneut an, diesmal waren die Wehen schon deutlich unter 5 Minuten und ich war auch nicht mehr zum Scherzen aufgelegt 😉.
Sie kam dann so gegen 04.30 Uhr bei uns an und bereitete mit Jörg das Wohnzimmer für die Geburt vor. Ich war zu dieser Zeit schon so mit mir und meinen Wehen beschäftigt, dass dies alles an mir vorbeizog.
Während der Wehenzeit holte ich mir immer wieder Rückmeldung von Saskia, ob aus ihrer Sicht mit dem Baby alles in Ordnung sei, da es ja mein erstes Kind war, hatte ich ja noch keine Erfahrung, wie sich eine Geburt so anfühlt. Ein bisschen Gedanken, ob alles gut gehen würde, machte ich mir schon, aber ich versuchte zu entspannen, alles auf mich zukommen zu lassen und mich einfach der Geburt zu widmen. Zwischendrin hoffte bzw. fragte ich Saskia sogar, ob es jetzt hoffentlich nicht noch schlimmer werden würde, aber mein Mann sagte mir im Nachgang, dass Saskia ihn nur mit einer Geste angeschaut hatte, die da meinte, uhh da kommt schon noch was…. Gut, dass ich das nicht mitbekam… Ich zerdrücke bei jeder Wehe die Hand meines Mannes und war sehr froh, dass er mich mit allem, was ich in diesem Moment brauchte unterstützte. Allein hätte ich womöglich viel zu viel Schiss gehabt und es nicht durchgezogen.
Als die Fruchtblase so gegen morgens um 7.30 Uhr platze und die Presswehen begannen, hatte ich immer das Gefühl, dass der Kleine da nie durchpassen würde. Als mich dann auch noch Saskia aufforderte, noch mal auf die Toilette zu gehen, schien das in diesem Moment als unlösbare Aufgabe, jedoch folgte ich ihrer Empfehlung und siehe da, es ging nach dem Toilettengang alles sehr schnell. Der Kleine kam so gegen 9:48 Uhr mit ca. 5 Presswehen zu Welt.
Ich war überglücklich und erleichtert, dass ich diese große Aufgabe gemeistert, mein Mann mich so liebevoll und geduldig unterstützt hatte und der kleine Emil wohlauf im Wohnzimmer unseres Hauses das Licht der Welt erblickte. Saskia war eine unglaubliche Unterstützung und ohne ihre großartige Begleitung hätte ich das Abendteuer Hausgeburt sicher nicht gewagt. Vielen Dank hier noch mal an dich und auch an die Hebammenschülerin Justine, der ich erlaubt hatte im Rahmen ihrer Ausbildung meine Hausgeburt zu begleiten.
Es waren die schlimmsten und größten Schmerzen mit dem wunderbarsten und schönsten Ergebnis meines Lebens. Wichtig war mir auch, alles ohne Fremdeinwirkung von außen durch Medikamente oder andere Geburtshilfen, sondern nur durch die eigene Kraft zu schaffen. Diese Gefühle kann man nicht in Worte fassen, man muss es erlebt haben. Unser kleiner Emil ist nun da und wir sind überglücklich!


Papas Geburtsgeschichte: "Da waren sie"

zwei kleine, dünne aber immer deutlicher werdende rote Striche. Eindeutig, überraschend, unerwartet, wunderschön und vollkommen irreal. Daran änderte auch das erste Ultraschallbild nichts – eine schattierte Kugel vor einem schwarzen Nichts.
Noch mehr überraschte mich meine Frau, die sie sich beim Anblick der Kugel auf die Suche nach einer Hebamme machte. Daran hätte ich nicht gedacht – und schon gleich gar nicht so früh. Mittlerweile weiß ich, dass sie schon spät dran war.
Sie habe da mit einer von der Alb telefoniert, die echt nett wäre und die Hausgeburten mache, sagte mir meine Frau, … und wenn ich nichts dagegen habe und medizinisch nichts dagegen spräche, würde sie das Kind gerne bei uns zu Hause auf die Welt bringen. Ihre „Überzeugungsargumente“ möchte ich hier nicht wieder geben. Ich kenne meine Frau und wusste, dass sie eine Krankenhausgeburt niemals wird „genießen“ können. Sie wäre über die ganze Schwangerschaft hinweg „krankenhausangespannt“. Die Geburt mit Vorfreude als etwas sehr Besonderes zu erleben, wäre dann im Voraus schon unmöglich geworden.

Auch für mich war die Hausgeburt nie ein Problem:
Hausgeburten waren früher doch normal und sind es in vielen Ländern auch heute noch.
Außerdem habe ich ein Grundvertrauen in die Biologie. Bei über 7 Milliarden Menschen auf diesem Planeten musste die Geburt auch geklappt haben. Wieso sollte sie das nicht auch bei uns.

So in der Art und vermutlich ziemlich lässig antwortete ich dann auch Saskia als sie mich fragte, wie es mir mit einer Hausgeburt denn so ginge. Zu diesem Zeitpunkt waren für mich das Kind und die Geburt immer noch sehr weit weg. Von Saskia kam in diesem Zuge nur noch der Hinweis: „wenn´s dann so weit ist, bisch auch nicht mehr so cool.“

Als es sich bei meinen Kollegen/innen herumsprach, dass bei uns eine Kind unterwegs war, kam schon häufiger die Frage: „… ja und wo geht ihr zur Geburt hin?“ Auf meine Antwort: „ins Wohnzimmer“ reagierten fast alle gleich: „das würde ich niemals machen, … das würde ich mir nicht zutrauen.“ Anschließend wurden mir stichhaltige – ja sogar todsichere Argumente für eine Krankenhausgeburt geliefert, die ich einfach ignorierte.
Damit wir unsere Ruhe hatten, musste ich sogar meine Mutter anlügen. Ihr suggerierte ihr eine Geburt im Reutlinger Krankenhaus, unserer Notfallklinik.

Die Schwangerschaft zog an uns vorbei. Mit teils heftigen Schlägen gegen die Bauchdecke machte sich das Kind für mich allmählich begreifbarer.
Parallel dazu wurden wir von Saskia geburtstechnisch gebrieft. Sie stellte klar, dass sie bei der Hausgeburt das Oberkommando führe: wenn sie während der Geburt beschließe, dass wir doch besser ins Krankenhaus gingen, „dann geht ihr“.
Des Weiteren musste ich versprechen, dass ich das Wohnzimmer ohne Diskussion verließe, wenn sie es für nötig hielte und erhielt den dezenten Hinweis, dass sie sich im Notfall nur um eine kümmern könne. Passt, ich war mir sicher, dass ich die Nerven nicht verlieren und dass es mich nicht umhauen würde.
Was mich schon mehr umtrieb war die Frage: „Wie kann ich mich bei der Geburt nützlich machen? Was kann ich tun?“
Antwort: „blablabla ... nicht so viel … blablabla … also eigentlich nichts.“
Da so eine Geburt ja auch mal länger dauern kann, suchte ich mir im Voraus eine Beschäftigung. Schließlich kann ich doch nicht nur rumhocken und nichts tun. Meine Idee: ich koche allen etwas. Zeit hätte ich ja und der Hunger käme dann bestimmt. Ich fragte Saskia, was sie denn gerne esse – Linseneintopf. Für mich stand nun fest: Linseneintopf wird der Geburtsschmaus.



Als ich nachts gegen halb drei durch schmerzhaftes Stöhnen neben mir aufwachte, war mir gleich klar, dass sich diese Wehen nicht wie in den Vortagen durch ein warmes Bad oder eine warme Dusche wegspülen ließen. Soviel zum Thema „wie merkt man, dass es losgeht“.
Ich rief Saskia an, die mit meiner Frau reden wollte. Gerade in der Wehenpause, lachte sie ins Telefon und ich dachte nur: so kommt die (noch) nicht.
Dem war dann auch so. Nach weiteren eineinhalb Stunden mit regelmäßigen Wehen in immer kürzeren Abständen zogen wir ins Wohnzimmer um und ich bat Saskia zu kommen. Sie kam und verbreitete die Ruhe und Gelassenheit einer erfahrenen Hebamme.
Wer jetzt jedoch denkt, dass ich die restliche Geburt vom Herd aus verfolgte, der täuscht sich.
Während der Wehen wurde an meinen Armen gezogen und gedrückt, meine Hände zerquetscht, die Ellenbogen in meine Oberschenkel gerammt und mehrmals machte ich mich auf einen Biss gefasst, der jedoch immer kurz vor der Ausführung „abgesagt“ wurde. Danke.
In den Wehenpausen reichte ich Getränke und versuchte mit auf einer gefrorenen Bohnenpackung gekühlten Waschlappen den völlig heißgelaufenen Körper meiner Frau zu kühlen. Dabei kam es vor, dass ich mit dem Lappen ruppig von Stellen verjagt wurde, die in der Wehenpause zuvor noch erwünscht waren.
Kurz: ich hatte alle Hände voll zu tun. Mir war alles andere als langweilig. Es gab keine Linsensuppe, sondern nur eine heiße Schokolade, die ich selbst erst nach der Geburt trinken konnte.

„Wir“ quälten uns von Wehe zu Wehe. Auf die Aussage meiner Frau: „hoffentlich wird das nicht noch schlimmer“, erhielt ich von Saskia nur einen vielsagenden Blick – JA!

Alle Achtung, was Frauen bei einer Geburt leisten müssen und leisten.

Nach einer Zeit, in der es gefühlt nicht weiter ging, kamen diese unbeschreiblich emotionalen Minuten der eigentlichen Geburt. Wie sich dieser kleine Kopf heraus schob, gefolgt von einem blass rosanen Körper mit schmächtigen Ärmchen und Beinchen mit winzigen Fingern und Zehen.
Es war da: unser für mich nun total reales kleines und gleichzeitig so großes Wunder.
Ein prägendes und durch den Ort, zu Hause im Wohnzimmer, sicherlich noch viel wunderbareres Erlebnis als in einem weit unpersönlicheren Krankenhaus-Kreissaal.

Danke Saskia, dass du uns auf diesem Weg geführt und begleitet hast … und wenn du möchtest, dann holen wir das mit der Linsensuppe gerne nach.